Fachartikel: Autonomes Fahren – Vom Embedded-PC zum servertauglichen Datacenter
Die steigende Anzahl an hochentwickelter Sensorik im Fahrzeug führt zu einem immer höheren Komplexitätsgrad bei der erfolgreichen Integration und Absicherung ihrer Funktionen und dem Zusammenspiel mit weiteren Sensorsystemen innerhalb des Fahrzeugs. Um neue Advanced Driver Assistance Systems (ADAS) und AD-Entwicklungen (Autonomous Driving) bis Automotive Safety Integrity Level-D (ASIL-D) zu validieren, sind in den Testläufen möglichst realitätsnahe Datensätze notwendig. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Aufnahmequalität der Signale, deren Übertragung am besten in Echtzeit erfolgen soll – so entstehen durch hohe Datenschreibraten in kürzester Zeit extrem umfangreiche Datensätze.
Gängige Branchen-Ansätze
Der optimale Weg der Sensordaten zum Test unterschiedlichster Fahrzeugsysteme müsste folgendermaßen aussehen: Über die Hochgeschwindigkeitsschnittstelle der Sensorik, wie zum Beispiel CSI-2, LVDS oder im Idealfall über Ethernet, werden die Sensordaten im Netzwerk verbreitet, gespeichert, visualisiert und bearbeitet. Dabei ist zur Absicherung und Validierung der Anforderungen und neuen Funktionen (getrieben durch die Vorgehensmodelle aus der DIN ISO 26262) häufig der unkomprimierte Rohdatenstrom notwendig beziehungsweise vorteilhaft. Dieser ermöglicht nachfolgend einen Abgleich zwischen realitätsnäheren Rohdatensätzen und Sensordatensätzen, die durch Kompression und Algorithmen bereits verändert wurden.
Die Aufnahme der Rohdatenströme muss dabei unter Bedingungen der harten Echtzeit erfolgen und ist zeitlich mit anderen Quellen oder bereits bearbeiteten Daten zu synchronisieren. Dadurch kann sich der Entwickler im Anschluss an eine Testsituation bereits im Fahrzeug schnell und unkompliziert einen guten Überblick über die gesammelten Daten verschaffen und im Millisekunden-Bereich Situationen auflösen und analysieren. Anschließend sollten die Algorithmen auch direkt auf dem eingesetzten Computersystem angepasst und unter realen Bedingungen auf ihre Funktion erneut geprüft werden. Ganz nach Modellen aus dem Rapid-Control-Prototyping, wie dem V-Modell, sind Neuentwicklungen dabei mit unterschiedlichsten Systemgrenzen und -schnittstellen mit möglichst wenig Testhardware zu validieren und die Testergebnisse zu dokumentieren. Nach erfolgreichen Tests lassen sich die vorherrschenden Situationen dem Datenspeicher entnehmen und für eine Virtualisierung, zum Beispiel innerhalb eins Hardware-in-the-Loop-Systems (HiL), verwenden.
Bei dieser Vorgehensweise sind jedoch schnell Datenmengen erreicht, die nur noch mit Big-Data-Anwendungen beherrschbar sind. Hier erfolgt die Durchsuchung bestenfalls mit Datenmining-Modellen, um die passenden Situationen für unterschiedlichste Fahrsituationen herauszufiltern und damit die angewandten Algorithmen und Funktionen zu bestätigen und abzusichern. Des Weiteren sollten die gewonnenen Daten auch als Grundlage zur Anlernung von neuronalen Netzen dienen, um durch Deep Learning eine künstliche Intelligenz zu entwickeln. Diese wird dann in der Lage sein, die aufgezeichneten Situationen auch real zu meistern. Diese Art von Datengewinnung spart Zeit, Ressourcen und finanzielle Mittel durch eine schnelle und einfache Replikation von Testfällen mit definierten oder beeinflussbaren Sand-Box-Umgebungen für die Serienabsicherung.
An sich folgt das vorgestellte Szenario der typischen Entwicklungsanwendung im sich schnell wandelnden Automotive-Bereich. Als Hersteller für industrielle Computersysteme mit Erfahrung im Automotive-Markt kann InoNet durch die Entwicklung von Validierungshardware mit Servertechnologie für das Fahrzeug den Alltag für Fahrzeugentwickler wesentlich einfacher gestalten und ist bereits jetzt in der Lage, Lösungen für die steigenden Entwicklungsanforderungen anzubieten.
Automotive-Computing-Ecosystem
Um den großen Herausforderungen der steigenden Datendurchsätze, vor allem in der Validierung und Absicherung neuer Entwicklungen im Automotive-Bereich, gerecht werden zu können, reichen Consumer-Hardware und einfache Industriecomputer nicht mehr aus. Um die Leistungsanforderungen zu erfüllen, benötigen übliche Embedded-PCs die Integration performanter Servertechnik. Diese Technik ist jedoch ursprünglich nicht für einen Einsatz in rauen Umgebungen, wie beispielsweise bedingt durch Schock und Vibrationen oder dem stark variierenden Temperaturbereich in Fahrzeugen ausgelegt. Inonet hat genau das mit seinem Automotive-Produktportfolio umgesetzt und baut dieses stetig aus: Durch innovative Produktentwicklung wurden Kühlkonzepte und Servertechnologien in den Embedded-Bereich übertragen, die so eine Synergie der Vorteile aus beiden Welten bilden. Hohe Schreibraten auf Massenspeicher von über 8 Gbyte/s (64 Gbit/s) in nur einem System sind im NVMe-Raid-0-Verbund bereits jetzt möglich. Hohe Bandbreiten sichern auch in Burst-Phasen (zeitlich begrenzte Phasen mit besonders hohem Datenaufkommen) die Datenaufnahme und eine sinnvolle Verteilung der Daten im Netzwerk unter harten Echtzeitbedingungen. Dabei wird aktuell ein Datenvolumen von bis zu 96 TByte unterstützt, das in aufgesetzten und austauschbaren Storage-Lösungen untergebracht ist.
Die Skalierbarkeit der Systeme ermöglicht eine einfache Integration der Hardware innerhalb des gezeigten Automotive-Computing-Ecosystems. Durch die Unterstützung von Time-Sensitive-Network Schnittstellen ist es auch möglich, die Daten mit Zeitstempeln zu versehen und sie so mit unterschiedlichen Systemen zu synchronisieren. Dies ist vor allem für verschiedene Testanwendungen im Fahrzeug erforderlich, die unterschiedliche Hardware-Komponenten zur Aufnahme, Berechnung und Auswertung der Sensordaten benötigen. Um dem stetig wechselnden und steigenden Leistungsanforderungen der Entwicklungsanwendungen gerecht zu werden, ist das InoNet-Automotive-Produktportfolio in die Kategorien Data Acquisition, Embedded Performance und AI & GPU-Computing unterteilt. Dabei kommen sowohl leistungsstarke Dual-Intel-Xeon-Gold-Server-CPUs der aktuellen Generation, als auch stromsparendere Prozessoren der Intel-Core-i7-Klasse zum Einsatz. Für weitere Anwendungsfälle, wie dem GPU-Computing, werden auch Grafikkarten von Nvidia und AMD verbaut. Die innovativen Kühllösungen der hitzeempfindlichen Bereiche des Computers erfolgen wahlweise über eine Hybridkühlung in Form eines Thermal Tunnels oder auch über abkoppelbare Wasserkühlsysteme. Die Hitze lässt sich durch die vorgestellten Lösungen somit an unterschiedlichen Stellen im Fahrzeug abführen, falls die direkte Umgebung keine Wärmeabfuhr zulässt.
Fazit
Um eine wirtschaftliche Absicherung und Validierung von im Fahrzeug eingesetzten Systemen vornehmen zu können, werden Testverfahren immer weiter virtualisiert und mit real gesammelten Daten verfeinert. Dafür werden hoch-performante Hardwarekomponenten benötigt, die bisher nur im Serverbereich Anwendung fanden und extrem hohe Datenraten ermöglichen. Durch die Bereitstellung dieser Leistungsklasse bei Verwendung von industrieharter Hardware wird das Produktportfolio in der Automotive Branche einsetzbar. Deshalb hat sich die InoNet zur Aufgabe gemacht, den Weg vom gewöhnlichen Embedded System zur servertauglichen Datencenter-Lösung für die Anwendung im Fahrzeug zu ebnen.